Fleisch einfrieren – so gehts richtig

Wenn eigentlich hochwertige Ware nach dem Auftauen nicht die erwartete Qualität hat, liegt das nicht am Tiefkühlen an sich, sondern immer am falschen Handling. Fakt ist: Ex-Chilled-Tiefkühlware ist bei richtiger Handhabe in der Blindverkostung nicht von durchgehend bei über 0°C gelagerter Ware zu unterscheiden.

Aber woher kommt der – sagen wir mal – nicht makellose Ruf von TK-Fleisch? Ursprünglich saftiges Fleisch wird trocken, wenn es zu langsam, also bei zu hohen Temperaturen eingefroren wird. Der Grund hierfür ist das es im Fleisch zwei verschiedene Flüssigkeitsarten gibt: Das Wasser in den Zellen (intrazellulär) und das Wasser um die Zellen herum (extrazellulär). In den Zellen befinden sich wesentlich mehr Feststoffe im Wasser als außerhalb. Dadurch friert dieses Wasser wesentlich langsamer (bei ca. -7°C). Wir kennen das alle vom Salzwasser. Das extrazelluläre Wasser ist wesentlich klarer und friert bereits bei etwas unter 0°C. Auch muss erst das Wasser um die Zellen gefroren sein, bevor das Wasser in den Zellen frieren kann. Wird zu warm tiefkühlt, nähren sich die Eiskristalle des extrazellulären, bereits gefrorenen Wassers immer weiter vom intrazellulären Wasser, wachsen und zerstören dabei die Struktur des  Fleisches. Da sich die Feststoffkonzentration in den Zellen weiter steigert, wird das Gefriergefälle größer, der Prozess immer langsamer und die Zerstörung immer gravierender. Der Effekt dieser ‚Plasmolyse‘ ist ein Aussaften des Fleischstücks. Diesen Saft hat man dann in großer Menge im Vakuumbeutel oder auf dem Teller. Die Zellen sind stark dehydriert, das  Fleisch trocken.

Zu langsames Einfrieren kommt im Privathaushalt immer wieder vor. Wenn hier eingefroren wird, dann oft im Lagertiefkühler. Die Temperatur liegt meist um -18°C. Das Gerät wird aber im laufenden Betrieb durch das Rein- und Rausnehmen von Ware immer wieder geöffnet, wodurch die tatsächliche Einfriertemperatur für  Fleisch noch höher ist. Wird in der geschlossenen Originalverpackung eingefroren – vielleicht sogar im Wellpappekarton – wird das Eindringen der Kälte zusätzlich erschwert.

Dieses falsche Vorgehen hat den Ruf von tiefgekühlter Ware geschädigt. Aber Plasmolyse muss nicht sein. Gegenmaßnahme: Schockfrieren bei möglichst tiefen Temperaturen.

Aber warum ist TK-Ware oft zäh und geschmacksarm? Wieder ist der Prozess schuld. Reguläres TKFleisch wird direkt nach der Schlachtung eingefroren. Im eingefrorenen Zustand kann die Ware nicht weiter reifen, da die Enzyme, die das Weichmachen des Fleisches betreiben, durch die zu niedrigen Temperaturen ihre Arbeit einstellen.

Lässt man das Fleisch aber erst reifen und friert es dann ein, ist das aufgetaute Fleisch so zart wie man es von der beschafften Warenqualität erwartet.“


So lange ist Fleisch eingefroren mindestens haltbar

Lagertemperatur Fleischart Lagerdauer
-18°C

Speck

fettes Schweinefleisch

Kalb-, Lammfleisch

mageres Schweinefleisch

Rindfleisch

Hähnchen

bis 3 Monate

4 bis 5 Monate

5 bis 6 Monate

6 bis 8 Monate

10 bis 12 Monate

10 bis 12 Monate

-24°C

Schweinefleisch

Rindfleisch

Hähnchen

8 bis 10 Monate

bis 18 Monate

bis 18 Monate

-30°C

Schweinefleisch

Rindfleisch

Hähnchen

bis 12 Monate

bis 24 Monate

bis 24 Monate

 


Grundsätzlich kann man Steaks einfrieren. Damit das gelingt, solltest Du folgende Grundsätze beachten:

1. Das Fleisch möglichst sofort einfrieren.
2. Fleisch hält sich tiefgefroren ca. 6 Monate, Hackfleisch maximal 4 Monate. Bitte beachten Sie zum Fleisch einfrieren auch die Herstellerangaben Ihres Tiefkühlgeräts.
3. Das Steak am besten in der Originalverpackung einfrieren. Alternativ kann ein Gefrierbeutel verwendet werden. Gerade bei Steaks soll schließlich ein Qualitätsverlust vermieden werden.
4. Fleisch möglichst langsam auftauen. Am besten auf einem Sieb oder Lochblech im Kühlschrank. Am nächsten Tag ist das Steak dann bereit für die Pfanne, den Grill oder die Pfanne.



Aromen und Nährstoffe gehen auch über Monate hinweg nicht verloren. In gefrorener Form ist Rindfleisch zwischen 10 und 12 Monaten haltbar, Schweinefleisch mit 6 bis 8 Monaten entsprechend weniger. Vakuumiertes Fleisch hat den Vorteil, dass der natürliche Zersetzungsprozess durch Enzyme und Mikroorganismen stark verlangsamt wird. Wundere Dich nicht, wenn z. B. Rindfleisch im gefrorenen Vakuumbeutel grau wird. Die schöne rote Farbe kommt zurück, sobald das Fleisch wieder an Sauerstoff gelangt.

Eingefrorenes Fleisch können Sie jederzeit bei Bedarf wieder auftauen. Im besten Fall sollten sie die langsame Methode wählen, da dasFleisch so beim Auftauen am meisten geschont wird – Geschmack und Konsistenz bleiben am Besten erhalten. Steaks aus dem Kühlschrank holen, Fleisch waschen, abtrocknen und je nach dicke 1-2 Stunden abgedeckt auf Zimmertemperatur bringen.


Auswirkung der Gefriergeschwindigkeit auf die Fleischqualität

Unter Gefriergeschwindigkeit versteht man das Fortschreiten der Front mit Eiskristallbildung in cm/h. Es gilt folgende Definition:

< 0,2 cm/h = sehr langsames Gefrieren
0,2 bis 1 cm/h = langsames Gefrieren
1 bis 5 cm/h = schnelles Gefrieren
5 bis 20 cm/h = sehr schnelles Gefrieren

Wasser ist der Hauptbestandteil von Fleisch (ca. 75% bei magerem Fleisch). Dieses gefriert im Fleisch nicht wie reines Wasser bei 0°C, sondern beginnt aufgrund seines Anteils an gelösten Stoffen unterhalb von -1°C zu gefrieren. Hierbei bildet sich das Eis nicht sofort im ganzen Fleischstück aus, sondern in Abhängigkeit von der Gefriertemperatur immer nur teilweise:

• Bei -5°C sind etwa 75%
• Bei -10°C etwa 82%
• Bei -20°C etwa 85%
• Bei -30°C etwa 87% und erst
• Bei -65°C sind etwa 100% des gefrierbaren Wassers in Eis verwandelt.

Beim Gefriervorgang friert das Wasser gleichsam stufenweisen aus. Dabei reichert sich die jeweiligen Restflüssigkeit im Fleisch mit löslichen Stoffen an, sodass es zur weiteren. Eisbildung stetig sinkender Temperaturen bedarf.

Eiskristalle bilden sich beim Gefrieren von Fleisch zuerst in den Zellzwischenräumen, also zwischen den Muskelfasern. Durch die Eisbildung steigt hier die Konzentration von löslichen Stoffen an und übersteigt die der Flüssigkeit in den Zellen. Zum Ausgleich der Konzentrationsunterschiede wird den Muskelzellen bei langsamen Gefrieren osmotisch Wasser entzogen. Dieses Wasser lagert sich an die bereits gebildeten Eiskristalle an, wodurch sie sich vergrößern. Dabei entstehen einerseits geschrumpfte Fleischfasern und andererseits Gebilde aus wenigen großen Eiskristallen zwischen den Muskelfasern. Die Fasern werden verformt und beschädigt. Dies führt beim Auftauen zu erhöhtem Fleischsaftverlust und verstärkter Enzymaktivität. Das Fleisch wird trocken und zäh.

Bei schnellem Gefrieren bilden sich die Eiskristalle zwischen den Zellen und in den Zellen fast gleichzeitig. Es bilden sich viele kleine Eiskristalle – verteilt im gesamten Fleischstück. Dies hat zur Folge, dass der Auftauverlust an Fleischsaft gering ist und das Fleisch saftig und zart bleibt.

Je höher die Gefriergeschwindigkeit, desto geringer die Qualitätseinbußen!

Gefrierleistung der Tiefkühlfächer in Kühlschränken:

∗-6°C Mindesttemperatur
∗∗-12°C Mindesttemperatur
∗∗∗ -18°C Mindesttemperatur
∗∗∗∗ -25°C Mindesttemperatur

Gefrierverfahren

Fleisch und Fleischerzeugnisse werden mit folgenden Methoden eingefroren:

• Einfrieren im Gefriertunnel bei kaltem Luftstrom von 2 bis 2 m/s und Temperaturen von -25°C bis -45°C
• Einfrieren gleichmäßig geformter knochenloser Fleischstücke im Kontaktplattenfroster. Die Wärme wird dem Fleisch durch Kontakt mit gekühlten Metallplatten (-25°C bis -45°C) entzogen. Das geht bedeutend rascher als an der Luft.
• Einfrieren von kleinstückigem Gefriergut in Vorrichtungen, in die flüssiger Stickstoff (Siedepunkt ca. -196°C) oder Kohlendioxid eingespritzt wird.

Gefrierlagerung

Die sachgerechte Gefrierlagerung ist das schonendste Verfahren, um Fleisch und Fleischerzeugnisse langfristig haltbar zu machen. Fehler wie Gefrierbrand und Fettranzigkeit können vermieden werden, wenn folgende Faktoren beachtet werden:

• Die Lagertemperatur sollte zwischen -18°C und -30°C liegen, wobei sich die mögliche Lagerdauer bei -30 °C gegenüber -18°C verdoppelt.
• Die relative Luftfeuchte sollte nahe der Sättigungsgrenze bei ca. 98 % liegen.
• Die Luftbewegung sollte gleichmäßig und gering sein.
• Eine eng anliegende, weitgehend wasserdampfdichte, unbeschädigte Verpackung sowie eine konstante Temperatur schützen vor Gefrierbrand. Gefrierbrand äußert sich durch ausgetrocknete hellrosa bis hellbeige Flecken an der gefrorenen Fleischoberfläche. Er entsteht durch Sublimation von Wasser aus den äußeren gefrorenen Fleischschichten (Sublimieren = Verdampfen von gefrorenem Wasser, ohne flüssig zu werden). Die unerwünschten Fleischveränderungen sind irreversibel, das heißt, sie bleiben auch nach dem Auftauen bestehen, da die Eiweißstoffe denatuiert (geronnen) sind und das entzogene Wasser nicht wieder rehydratisieren (=binden) können.
• Der Lichteinfall im Gefrierraum sollte so gering wie möglich sein, um den Fettabbau zu verlangsamen.
• Je fetter das Fleisch und je höher der Anteil an ungesättigten Fettsäuren, umso schneller oxidiert das Fett und desto kürzer ist die Gefrierlagerdauer. Deshalb kann Rindfleisch etwa doppelt so lange eingefriert gelagert werden wie Schweinefleisch
• Große Fleischteile eignen sich besser als kleine, denn es gilt: Je kleiner die Oberfläche im Verhältnis zum Volumen, desto länger kann gefriergelagert werden. Die begrenzte Lagerfähigkeit tiefgefrorener Erzeugnisse ist auf oxidativen Fettabbau und die Aktivität fettspaltender Enzyme (Lipasen) zurückführen

Auftauen von Fleisch

Fleisch verliert beim Auftauen in der Regel Fleischsaft. Es gilt, diese Verluste durch geeignete Einfrier- und Auftaubedinungen so gering wie möglich zu halten:

• Schnelles Einfrieren führt zum besseren Rückresorption (=Wiederaufnahme) des Wasser als langsames Einfrieren.
• Der Saftverlust ist umso geringer, je langsamer aufgetaut wird.
• Fleisch für die Wurstherstellung sollte in gefrorenem Zustand verarbeitet werden. Fleischscheiben mit einer Dicke von 1 bis 2 cm sollten unaufgetaut gebraten oder gegrillt werden. Dabei ist mit geringer Hitze zu arbeiten, damit die Kruste nicht verbrennt, während der Kern noch gefroren ist. Fleischscheiben, die erst nach dem Gefrieren paniert werden sollen, lässt man oberflächlich antauen, damit die Panade besser haftet. Soll schnell aufgetaut werden, lässt sich die Auftauzeit in der Mikrowelle wesentlich verkürzen, da hier eine gleichzeitige Erwärmung in allen Bereichen der Fleischstücke stattfindet.


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Über den Autor:

Fleischermeister Dirk Ludwig aus Schlüchtern

Dirk Ludwig ist Fleischermeister und Experte für Fleischveredelung

Aufgewachsen ist Dirk Ludwig im osthessischen Luftkurort Schlüchtern(*1974), wo er schon früh die Leidenschaft für das Unternehmertum für sich entdeckte. Von der Bergwinkelstadt Schlüchtern ging es in den Vogelsberg zur Berufsausbildung als Fleischer nach Schlitz. Daran schloss sich die Ausbildung zum Fleischermeister und Betriebswirt des Handwerks an. Danach folgte in Nürnberg die Ausbildung zum REFA-Experten. Im Jahr 2016 gehörte Dirk Ludwig als Teilnehmer zum ersten Deutschen Lehrgang zum Fleischsommelier in Augsburg. Inzwischen lehrt Dirk Ludwig selbst an der Fachschule des Bayrischen Metzgerhandwerks in der Fuggerstadt.